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Editorial
Liebe Leserinnen und Leser!
Sprache ist nicht nur ein, sondern das wichtigste Mittel zur zwischenmenschlichen Verständigung. Mit Sprache kann zu anderen Personen in Kontakt getreten werden. Sprache hilft Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die Umwelt zu erfassen, zu verarbeiten und sich anzueignen, also zu lernen. Sprache ist ebenso wichtig, die eigenen Gefühle zu kommunizieren und sich im sozialen Umfeld der Familie oder Peers zu orientieren. Über den Kontext der Alltagssprache geht die Bildungssprache weit hinaus. Sprache und explizit Bildungssprache ist dabei eine essentielle Voraussetzung für das Lernen in der Schule. So sollen eigene Denkmuster im Sinne von Argumentieren oder Modellieren beschrieben werden. Auch die KMK hat diese Bedeutung mit den Empfehlungen zu „Bildungssprachlichen Kompetenzen in der deutschen Sprache“ 2019 hervorgehoben und länderübergreifende Grundsätze der Sprachförderung vorgelegt. Sprachförderung ist aber bereits in der Kindertagesstätte (Kita) von immenser Bedeutung und wird seit einiger Zeit finanziell durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gemeinsam mit den Ländern gefördert. Fünfzehn Projekte in Kitas und Grundschulen werden seit mehr als zehn Jahren im Rahmen der BiSS-Initiative gefördert.
Die genannten Empfehlungen und Sprachförderungsprojekte haben in aller Regel einen präventiven Charakter. Doch welche Auswirkungen hat es, wenn die kommunikativen Fähigkeiten von Kindern im Sinne eines sonderpädagogischen Schwerpunkts Sprache und Kommunikation erheblich beeinträchtigt sind? Zwei Beiträge dieser Ausgabe befassen sich näher mit dem sonderpädagogischen Schwerpunkt. Einerseits stellt sich die Frage, wie stark schulisches Lernen beeinträchtigt sein kann bei Schülerinnen und Schülern mit dem Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Schwerpunkt Sprache hinsichtlich ihrer bildungssprachlichen Fähigkeiten. Interessanterweise berichten die beiden Autoren von eher diffusen bis guten bildungssprachlichen Kompetenzen. Das zeigt, dass wir noch relativ wenig in diesem Bereich wissen. Dass Lern und Verhaltensprobleme häufig zusammen auftreten, wird sehr häufig benannt. So bilden zwar verschiedene Stu dien unterschiedliche Prävalenzen ab, aber bis zu 50 % der Schülerinnen und Schüler mit Lernproblemen haben ebenso Verhaltensprobleme. Werden nun die Schülerinnen und Schüler mit Verhaltensproblemen hinsichtlich sprachlicher Auffälligkeiten betrachtet, so zeigen sich ebenso Überschneidungen in den beiden Bereichen bei knapp 50 %. In Anbetracht der Bedeutung von Sprache für das menschliche Miteinander ist der betreffende Beitrag sehr interessant für die schulische Praxis, vor allem die genauere Betrachtung dieses Überschneidungsbereichs. Er deutet aber auch an, dass wir wissenschaftlich noch immer nicht genügend in diesen Bereichen wissen, um ausreichend Anhaltspunkte für die schulische Praxis zu geben.
Insofern wünschen wir Ihnen mit dieser Ausgabe nicht nur Anregungen für den Umgang mit sprachlichen Auffälligkeiten im schulischen Alltag, sondern uns auch mehr an Schulpraxisorientierte Forschung in diesem Bereich
Prof. Dr. Conny Melzer und Dr. Peter Wachtel
Bericht: Konferenz zur Behindertenrechtskonvention