Home | Alle Themen | Buchbesprechungen | Erziehung aus der Begegnung herausgestalten. Erziehung aus der Begegnung herausgestalten. Mit Janusz Korczak über inklusionspädagogische Grundfragen nachdenken.Klein, Ferdinand (2025).Prof. Dr. phil., Dr. paed. et Prof. h.c. Ferdinand Klein, Nestor der deutschen Heilpädagogik, hat inklusions- und elementarpädagogischen Fachkräften seit einigen Jahrzehnten immer wieder Publikationen zur Verfügung gestellt, die einerseits zum Nachdenken über das eigene Berufsverständnis anregen und andererseits mit deutlichen Worten auf eine kindzentrierte Pädagogik hinweisen. So ist auch seine neueste Veröffentlichung ein unmissverständliches Plädoyer für eine Pädagogik, die sich einer „Kultur des Herzens“ verpflichtet fühlt und dabei bedeutsamen „Kernfragen der Pädagogik“ nachgeht.Nach einer Einführung, in der der Autor biographische Erlebnisse offenbart und darauf hinweist, dass Rückerinnerungen an vergangenheitsprägende Eindrücke stets geboten sind, um Rückschlüsse im Hinblick auf die eigene Haltung zu ziehen und reflektierte Konsequenzen zum pädagogischen Handeln zu ziehen, beschreibt Klein, warum es für eine selbstbildungsorientierte Pädagogik so bedeutsam ist, sich solcher Zusammenhänge zu stellen. Im zweiten Kapitel folgt eine kritische Bestandsaufnahme aktueller sozial)politischer und zeitaktueller pädagogischer Gegebenheiten, um sich dann den „Kernfragender Pädagogik“ zuzuwenden, um wieder dort, wo der „Sog der Zeit“ entwicklungshinderliche Merkmale aufweist, zu einer „Erziehungskunst“ zurückzufinden. Das dritte Kapitel beschreibt – auch hier mit praktischen Beispielen – ganz konkret, was es heißt, dem individuellen Kind eine förderliche Entwicklung angedeihen zu lassen, was aus Sicht des Autors nur möglich ist, wenn funktionale, didaktisierte, teilleistungsorientierte „Förderprogramme“/ Zielsetzungen oder nur auf rein wissenschaftsbezogene Erkenntnisse basierende Vorhaben durch eine „Kultur des Herzens“ abgelöst werden. Dabei füllt er diese Bezeichnung ganz konkret mit klaren inhaltlichen Worten und punktgenauen Beispielen aus! Das vierte Kapitel mit der Überschrift „Janusz Korczaks Pädagogik der Achtung ist aktuell“ erinnert an Korczaks Leben und Wirken, seine lebensbezogene Pädagogik, sein durch und durch humanistisch geprägtes Pädagogik- und Demokratieverständnis und an ein sinnorientiertes Handeln, das Kinderrechte zur umgesetzten Wirklichkeit werden lässt, so dass auch heute noch viele bestehende, norm- und traditionell bestehende Basiselemente in der Inklusions- als auch der Elementarpädagogik hinterfragt werden können/sollten. Im fünften Kapitel führt der Autor aus, was es konkret für pädagogische Fachkräfte bedeutet, sich dem individuellen Kind mit Achtung, Respekt und Wertschätzung zuzuwenden und sinnorientiert zu begleiten, was nur dann geschehen kann, wenn Fachkräfte einerseits das „Kind in sich“ entdecken und andererseits immer wieder „mit den Augen des Kindes schauen“, sich auf die Erlebnis- und Erfahrungswelt des Kindes einlassen und damit eine Pädagogik umsetzen, die von den Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes, seinen Interessen, seinen Gefühlen und seiner Weltsicht ausgeht. Das sechste Kapitel wendet sich einem pädagogischen Schwerpunkt zu, der leider in der Praxis immer mehr an Wert verliert und gleichzeitig von immenser Bedeutung für allseitige Entwicklungsprozesse ist: es geht um das „Spiel“ mit seinen vielfältigen Spielformen, Anwendungs- und Ausdrucksmöglichkeiten sowie den entwicklungsunterstützenden Merkmalen. Im Spiel kommt es immer wieder zu einem „concomitant learning“– einem „Lernen nebenbei“ und diese Königsdisziplin der Pädagogik muss in vielen Einrichtungen wieder einen weitaus größeren Bedeutungswert erhalten als es häufig der Fall ist. Im letzten Kapitel fordert der Autor vollkommen berechtigt eine Pädagogik, die Kinder begleitet und nicht an ihnen zerrt, die mit Freude, Lebendigkeit, einer offenen Wahrnehmung kindlicher Bedürfnisse, Humor und beziehungsorientierten Kommunikations- und Interaktionserlebnissen angereichert ist, um dem kindlichen Grundbedürfnis nach Resonanz entgegenzukommen. Der Autor hat dieses Buch in erster Linie dem weltweit geachteten und offensiven Vertreter einer realistischen Inklusionspädagogik, Prof. Dr. Otto Speck, in Verehrung und Dankbarkeit posthum gewidmet. Heilpädagogische und elementarpädagogische Fachkräfte dürfen sich – ebenso wie Lehrende, Fachberaterinnen und -berater, Auszubildende und Träger, die beispielsweise an ihrem Leitbild arbeiten – natürlich auch von dieser überaus lesenswerten und impulsgebenden Publikation, die zudem in einem sehr gelungenen Layout erschienen ist, in ganz besonderem Maße angesprochen fühlen.Armin Krenz