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Editorial
Liebe Leserinnen und Leser!
Wir gestalten mit Sprache unsere sozialen Interaktionen in allen Lebensbereichen. Die Themen dieser Ausgabe kreisen um Sprache. Der Austausch darüber hat uns zu einer bekannten Quelle geführt. Im „Tractatus logico-philosophicus“ (1918, 1921) schreibt Ludwig Wittgenstein: „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“ Und: „Dass die Welt meine Welt ist, das zeigt sich darin, dass die Grenzen der Sprache (der Sprache, die allein ich verstehe) die Grenzen meiner Welt bedeuten.“
Wenn Grenzen der Sprache die Grenzen des einzelnen Weltbilds sind, rücken sprachliche Kompetenzen und auch Meinungen zu und über Sprache in ein besonderes Licht. Wir wissen, dass Sprache und Denken eng miteinander verknüpft sind. Welche Wörter und Ausdrücke wir verwenden, wird das Denken im Moment beeinflussen. Achtungs-Rufe richten unsere Aufmerksamkeit auf bestimmte Situationen. Im Arbeitsgedächtnis ist die phonologische Schleife im Modell von Baddeley ein zentraler Bestandteil, um sprachliche Informationen zu speichern und zu verarbeiten, bevor sie ins Langzeitgedächtnis gelangen. Kurz (ja, auch verkürzt) gesagt, brauchen wir Sprache, um zu lernen und uns die Welt zu erschließen. Mit Sprache gestalten wir unsere sozialen Interaktionen. So gilt es als belegt, dass Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen später psychosoziale Schwierigkeiten haben. Erst im April dieses Jahres konnten zwei Autorinnen und ein Autor in unserer Zeitschrift auch im Umkehrschluss zeigen, dass sehr viele Schülerinnen und Schüler mit dem sonderpädagogischen Schwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung auch Schwierigkeiten in verschiedenen Bereichen der Sprache und des Sprechens haben (Mayer et al., 2024) – eine hohe Komorbidität von über 50% also.
Grund genug, ein weiteres Themenheft Sprache zu bringen. Dieses spannt dabei ein breites Feld: Von der Förderung im Feld von Deutsch als Zweitsprache (DaZ), der Diagnostik von Aussprachestörungen über das spezifische Störungsbild des Mutismus als Sprechhemmung und wie mit dieser im Grundschulunterricht umgegangen werden kann, hin zu einem Antwort Kommentar zu Praktika aus Sicht des sonderpädagogischen Schwerpunkts Sprache und Kommunikation. Damit sprechen wir aber auch verschiedene Felder an: Unterricht, unterrichtliche und individuelle Förderung sowie Diagnostik.
Die Entwicklung von Sprache, die Funktion von Sprache, wie Sprache genutzt wird: das alles führt zu einem Weltbild. Umso wichtiger ist es, in diesem Feld zu fördern, zu unterstützen, auch hier zu findende Benachteiligungen in der Bildung abzubauen, um Weltbilder nicht zu begrenzen.
Wir hoffen, dass Sie mit den verschiedenen Beiträgen einerseits ganz spezifische Anregungen zur Diagnostik, zur Förderung und zum Unterricht aufgreifen können. Lassen Sie uns andererseits gemeinsam mit unseren Kindern und Jugendlichen die (sprachliche) Welt gestalten.
Prof. Dr. Conny Melzer und Dr. Peter Wachtel
Buchbesprechung
Treffen der Kassenführerinnen und Kassenführer 2024