Integration Separation Kooperation.

Ein heilpädagogischer Blick auf die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen mit einer Behinderung.

Bonfranchi, Riccardo; Dünki, Renate & Perret, Eliane (2022).

Wie Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten, Lernschwächen oder intellektuellen Einschränkungen in Zeiten des Lehrermangels gerecht werden? Lässt sich ihr Anspruch auf Teilhabe an Bildung In einer „Schule für alle“ einlösen? Solche Fragen werden in der Neuerscheinung „Integration, Separation, Kooperation“ gut lesbar, spannend und kritisch behandelt. Das Buch will zu einer Diskussion, die dem komplexen Thema gerecht wird, beitragen. Dazu bedient sich das Autorenteam der Rückschau auf die Errungenschaften der Heilpädagogik und vergleicht sie mit dem Istzustand von Ausbildung und Praxis. Auch beim Thema Integration verweisen die Autoren auf die historischen Wurzeln der Integrations-/ Inklusionsbewegung, auf deren politische Ziele und auf den Einfluss internationaler Abkommen wie der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung (UN-BRK) auf die aktuelle Gesetzgebung. Gerade solche Ausführungen weiten das Blickfeld und damit das vertiefte Verständnis des Themas.

Das Buch legt den Fokus exemplarisch auf das Bildungswesen der Schweiz, gibt jedoch Wissen weiter, das überall Gültigkeit hat. Es richtet sich nicht nur an Eltern und Lehrpersonen aller Schulstufen, sondern auch an zuständige Institutionen. Denn es behandelt grundsätzliche Bildungsfragen und schulpolitische Weichenstellungen, die uns alle angehen. Im Praxisteil werden sehr informativ verschiedene Fallbeispiele vorgestellt, die jeweils analysiert und auf der Basis der aktuellen pädagogisch-psychologischen Forschung eingeordnet werden. Gesichtspunkte sind u. a. die Zusammenarbeit Schule-Elternhaus, die Bedeutung des sozialen Umfelds, eine ganzheitliche Methodik. Zusammenfassungen zu den Unterkapiteln regen zu einer vertieften Auseinandersetzung an. Die Beispiele zeigen, auf welchen Voraussetzungen eine ganzheitliche Bildung der jungen Menschen mit Behinderungen aufbauen muss, damit der lange Weg hin zu einem möglichst selbstbestimmten gleichberechtigten Erwachsenenleben konsequent beschritten werden kann. Grundlage ist immer die verlässliche feinfühlige Beziehung zwischen Lehrperson und Kind/ Jugendlichem, die Halt und Struktur gibt. Diesen Erfahrungsschatz gibt das Autorenteam engagiert und wissenschaftlich begründet weiter. Er beinhaltet auch Beispiele von Kooperation, die auf innovativen Lösungen beruht. Die Ergebnisse und Fragestellungen dieses Buchs werden in einem Schlusskapitel als Thesen zusammengefasst. Sie sind ein Plädoyer für das Recht aller Kinder und Jugendlichen auf eine ihnen gemäße Bildung.

Hans-Walter Guidon