Numeri. Numerisches Faktenwissen-Training für Kinder mit Rechenschwierigkeiten

Weigelt, Martina (2021).

Die letzte PISA-Studie wurde vor nicht allzulanger Zeit veröffentlicht und zeigte zum wiederholten Male auf, dass vermehrt Schülerinnen und Schüler Rechenschwierigkeiten haben. Circa 30% der Schülerinnen und Schüler, die an PISA teilgenommen haben, gelten als leistungsschwach. Das heißt, sie erreichen maximal die Stufe 1 von sechs Kompetenzstufen. Aber nicht nur in der Sekundarstufe I, auch in der Primarstufe erreichen laut IQB-Bildungstrend 2021 weniger Schülerinnen und Schüler die Bildungsstandards der KMK. 2021 verfehlten gar 22% der teilnehmenden Kinder die Mindeststandards (etwa 10% mehr als 2011).
Damit werden viele Lehrkräfte zunehmend mit Rechenschwierigkeiten konfrontiert. Umso wichtiger ist es, sich mit möglichen Programmen auseinanderzusetzen, die Förderungsmöglichkeiten darstellen.

Das Trainingsprogramm Numeri hat eine sehr klar beschriebene Zielgruppe: Kinder am Ende der zweiten Klassenstufe, die sich noch nicht vom zählenden Rechnen ablösen konnten (S.8). Natürlich kann das Programm auch präventiv eingesetzt werden, aber frühestens am Ende der ersten Klasse. Dennoch ist auch ein Einsatz bei älteren Schülerinnen und Schülern oder sogar bis ins Erwachsenenalter denkbar (S.8). Letzteres wird durch Anschauungsmaterial möglich, das als recht altersunabhängig bzw. nicht zu bunt oder kindlich eingeschätzt werden kann. Es gibt Lernvoraussetzungen bzw. Vorstellungen, die ein Kind erworben haben sollte, um vom Programm zu profitieren. Dies sind Reihenbildung, Mengenvergleich, ordinales Zahlenverständnis und kardinales Mengenkonzept (S.8). Es werden zudem Anpassungen beschrieben, die bei Kindern (Jugendlichen und Erwachsenen) vorgenommen werden sollten, wenn sehr „starke Arbeitsgedächtnislimitierungen“ vorliegen (S.9).

Das Programm besteht aus einem Ordner, der das Handbuch und die einzelnen Module sowie die Anschauungsmaterialien beinhaltet. Es besteht insgesamt aus zehn Modulen. Die ersten sieben Module beschäftigen sich mit der Erarbeitung des Zahlenraums bis 10. Das achte Modul sichert das Zehner-Einer-Verständnis ab. Modul neun und zehn erarbeiten den Zehnerübergang sowie die Addition und Subtraktion im Zahlenraum bis 100 (einmal mit einstelligem und einmal mit zweistelligem zweiten Operanten). Es werden zu den Modulen zahlreiche Arbeitsblätter (als Kopiervorlagen) sowie Anschauungsmaterial zur Verfügung gestellt. Das Anschauungsmaterial besteht aus verschiedenen Würfeln (auch acht- und zehnflächige Sonderwürfel), Kartensets mit 55 Karten, einen Abaco 20 und einer Kugelkette mit zehn Kugeln. Neben den Anleitungen werden auch Hinweise zur Didaktik und Methodik des Numeri-Trainings zur Verfügung gestellt, die bei der Umsetzung sehr hilfreich sind.

Die Autorin beschreibt im Handbuch, wie das Trainingsprogramm auf aktuellen Erkenntnissen der Interventionsforschung und theoretischen Grundlagen beruht (S.7). Auch wurde eine wissenschaftliche Abschlussarbeit zur Wirksamkeit (in einem warte-Kontrollgruppen-Vergleich) durchgeführt und es zeigten sich hier signifikante Verbesserungen in einer zehn Wochen dauernden Intervention. Damit kann das Programm nicht als evidenzbasiert eingeschätzt werden. Aber einige Aspekte des Aufbaus deuten darauf hin, dass die Wirksamkeit mit weiteren Studien nachgewiesen werden kann. Bei aller Zurückhaltung der Einschätzung zur Wirksamkeit und Evidenzbasierung: Dem Programm sind – in seiner Strukturierung, Kompaktheit und Schlichtheit – weitere Studien und auch Praxiserprobungen zu wünschen.

Conny Melzer