Performative Zugänge zu Deutsch als Zweitsprache.

Ein Lehr- und Praxisbuch

Bryant, Doreen & Zepter, Alexandra (2022).

Performative und ästhetische Zugänge zu sprachlichem Lernen gewinnen in den letzten Jahren, so die Autorinnen, auch im Bereich von Deutsch als Zweitsprache und Sprachbildung im Unterricht immer größere Bedeutung (S. 11). Als Lehr- und Praxisbuch führen die Autorinnen „performativ orientierte didaktische Ansätze und methodische Zugriffe zusammen und zeigen […], wie sie sich kognitionspsychologisch, (zweit-)spracherwerbstheoretisch sowie zweit- und fremdsprachendidaktisch fundieren lassen“ (S. 11). Zielgruppen sind insbesondere Lehramtsstudierende und Referendare, DaZ/DaF-Studierende sowie Sprach- und Fachdidaktikerinnen und Lehrkräfte, die an der Thematik Interesse haben. Die Publikation umfasst zwei Hauptteile. Teil I beinhaltet die theoretische Fundierung und Grundlagenbereiche und Teil II eine Auswahl von 15 performativen Zugängen, in vier Rubriken geordnet. Zudem beinhaltet Teil II vielfältige Methoden einer performativ orientierten Zweitsprachendidaktik. Grundsätzlich fokussieren die Autorinnen (sprachliche) Heterogenität im Unterricht als Bereicherung wertzuschätzen und verweisen auf die Relevanz im Kontext von Inklusion.

Der Begriff der „Performativität“ wird eingangs aus drei Perspektiven bzw. Fachkontexten, so der Sprachwissenschaft, der Theaterwissenschaft und der Didaktik, hergeleitet und das Attribut „performativ“ auf verschiedene Gegenstände angewendet. „Performative Zugänge zu Deutsch als Zweitsprache werden mittels didaktischer Konzepte geschaffen, die bei der Idee ansetzen, dass der Körper und dass künstlerisch-kreative Arbeiten und ästhetische Erfahrung Ressource für (zweit-)sprachliches Lernen darstellen“ (S. 43). Sprache wird kognitiv und sinnlich begriffen. Die kognitionstheoretische Fundierung erfolgt im zweiten Kapitel der Publikation, wobei das Verhältnis von Kognition und Körper ins Zentrum gerückt wird. Die spracherwerbstheoretischen Grundlagen im dritten Kapitel orientieren sich mit Blick auf den zweiten Teil der Publikation auf die didaktisch-methodischen Ideen, zudem fungiert das Kapitel als Verbindungsglied zwischen kognitionstheoretischen und sprachdidaktischen Grundlagen performativer Zugänge zu Deutsch als Zweitsprache. Die sprachdidaktischen Grundlagen in Kapitel vier beinhalten sprachdidaktische Fragestellungen, Handlungsoptionen und Modelle mit Relevanz für Teil II des Lehr- und Praxisbuches.

Der zweite Teil orientiert die Leserinnen und Leser auf mediale Mündlichkeit; mediale Schriftlichkeit; Wortgestalt, Rhythmus, Musik; Bewegen, Handeln und dramapädagogische Grammatikvermittlung. Unter dem jeweiligen Fokus, z.B. der medialen Mündlichkeit finden sich Buchkapitel, die ausgewählte Bereiche vorstellen, so z.B. Bilder(bücher) und Emotionen als Sprech- und Erzählanlässe (Kapitel fünf: Eveline Einhauser) oder mehrsprachiges Kamishibai (Kapitel sechs: Guylène Colpron, Mechthild Dörfler, Carmen Sorgler). So werden zu bestimmten Themen Expertisen von weiteren Autor:innen eingeholt.

Umfasst der erste Teil der Publikation zu theoretischen Grundfragen und Einordnungen 131 Seiten, ist der zweite Teil mit didaktisch-methodischen Beispielen und Umsetzungsmöglichkeiten mit 289 Seiten ungleich umfassender. Insgesamt haben an diesem Werk 15 Autorinnen und Autoren mitgewirkt. Es ist ein weites Spektrum unterschiedlichster didaktisch-methodischer Möglichkeiten abgebildet, das sowohl für die weitere theoretische Auseinandersetzung, z. B. im Kontext von Inklusion unzählige Anregungen gibt als auch einlädt, in der konkreten Schul- und Unterrichtspraxis Ideen umzusetzen und ggf. zu evaluieren. Weiteres Material steht als Download zur Verfügung. Eine umfassende Literaturliste regt dazu an, weiter und vertiefend zu lesen. Durch ein Register wird die Orientierung im 454 Seiten umfassenden Werk sehr erleichtert. Insgesamt betrachtet ist das vorliegende Lehr- und Praxisbuch dem angezielten Personenkreis sehr zu empfehlen. Es kann selbstständig damit gearbeitet werden. Durch Aktivierung zu Beginn jedes Grundlagenkapitels, Erklärungen grundlegender Konzepte, Theorien und Modelle, durch Aufgaben mit unterschiedlichem Schwierigkeitsanspruch ist das Lehrbuch für ein Selbststudium ebenso geeignet, wie für den Einsatz in heterogenen Gruppen. Das Lehr- und Praxisbuch ist durchweg (sprach-) heterogenitätssensibel angelegt. Das bietet wiederum Potentiale für Modifikationen in inklusiven pädagogischen Kontexten, die neben der Sprache weitere Heterogenitätsdimensionen umfassen. Insofern ist das Lehr- und Praxisbuch sowohl für zukünftige Forschung als auch die Praxis nicht hoch genug zu würdigen.

Kerstin Ziemen